Josef hat den Gipfel seiner Karriere erreicht, einer überaus erfolgreichen Karriere. Was auch immer er angepackt hat, ist gelungen. Er hat klug gewirtschaftet,  strategisch investiert, und ist nun in der machtvollen Position, über riesige Getreidemengen zu verfügen, die er gewinnbringend verkaufen kann. Mehr noch, er kann ein ganzes Volk vor dem Hungertod bewahren. Gottes Volk. Denn nach Seinem besonderen Plan hatte Gott Josef als passenden Werkstoff gewählt (den treuen, gottesfürchtigen Diener) und ihn in Gottes Schmiede geformt (Verlust der Heimat und Familie, Versuchungen, Jahre im Gefängnis). Im Ergebnis dieses Bearbeitungsprozesses war Josef zu einem brauchbaren Werkzeug in Gottes Hand geformt worden. Gott setzt es ein, um Sein Volk zu retten. Ende gut, alles gut? Nein!  Plötzlich geschieht noch etwas. Gott sendet Josefs Brüder zu ihm. Und nach all den Jahren eines  gesegneten, aber leidvollen Lebensweges in Gottes Schmiede  unterzieht Gott Josef einer weiteren, schweren Prüfung: Wird er seinen Brüdern vergeben können? Es sind diese Situationen in unserem Leben und in unserer Nachfolge,  in denen Gott uns den Feinschliff verpasst. Das beste  und zuverlässigste Werkzeug nützt nichts, wenn es unbrauchbar ist. Mit einem Messer, dessen Klinge stumpf ist, kann man nicht schneiden. Manchmal sind es Wohlstand und Bequemlichkeiten, die uns träge werden lassen. Dann muss Gott den Rost wegschleifen, den wir angesetzt  haben. Schwierige Umstände und Dauereinsatz können dazu führen, dass wir körperlich oder geistlich erschöpft sind. Oder Sünde hat sich eingeschlichen und macht  uns zu einem stumpfen  Werkzeug in Gottes Hand. Was auch immer die Ursachen sind, unser Meister - der Schmied - wird sie fachkundig erkennen und das Verfahren wählen, das nötig ist, um unsere Klinge wieder zu schärfen. Denken wir an Petrus. Der Apostel, der Jesus zutiefst liebte und durch eine harte Schmiede Gottes gehen musste, als er seinen Herrn  verleugnete. Den Jesus mit der Frage Hast du mich lieb? wiederherstellte und ihm eine besondere Aufgabe anvertraute: Weide meine  Schafe!  (Joh.  21,  17)  Was für eine Berufung! Was für ein Höhepunkt im Leben des Petrus! Und doch geht danach Gottes Schleifstein über den Dienst des Petrus.  Paulus entlarvt ihn der Heuchelei (Galater 2) und weist ihn zurecht. Ein Apostel, der durch sein Verhalten die Wahrheit des Evangeliums leugnet (dass wir durch den Glauben gerecht werden, und nicht durch die Werke des Gesetzes) ist ein Werkzeug, dessen Klinge stumpf geworden ist. Also setzt Gott den Schleifstein an. Solange wir leben und solange wir dienen, arbeitet Gott an uns. Es kommt darauf an, sich diesem Prozess nicht zu widersetzen, sondern  sich ihm auszusetzen im festen Vertrauen  auf Gott, unseren Schöpfer, unseren Meister, unseren Herrn und unseren Vater. Wie Josef können wir dann die Prüfungen des Feinschliffs bestehen - zur Ehre Gottes, der uns für Sein Werk einsetzen will. Josef vergab seinen Brüdern und versorgte sie großzügig, so dass mit ihnen das Volk Gottes am Leben blieb. Josef aber sprach zu ihnen (seinen Brüdern): Fürchtet euch nicht. Stehe ich denn an Gottes Statt? Ihr gedachtet es böse zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. (1. Mose 50, 19.20)

Fürchten wir uns nicht vor ein paar Kratzern durch den Schleifstein, sondern davor, den Feinschliff zu verpassen, der uns für Gottes Werk brauchbar macht.